Das Traum(a)Haus-Konzept
In der traumasensiblen Paartherapie begleite ich die Paare anhand des Traum(a) Haus-Konzept durch die verschiedenen Ebenen des Hauses. Das Konzept des Traum(a)Hauses entwickelt durch Dr.Katharina Klees, bildet die Gesetzmäßigkeiten von Partnerschaften ab, auch die Prozesse, die im Gehirn ablaufen. Das Traumahaus hat fünf Etagen das zugleich das Beziehungs-Bewußtsein verdeutlichen. Im Fokus stehen die einzelnen Etagen des Hauses mit den spezifischen Erfordernissen, um ihre Bedeutung für die Beziehungskompetenz und die Bewußtseinsentwicklung eines Paares nutzen zu können. In dem Konzept ist für jede der fünf Stufen die Beziehungskompetenz, das Idealbild vom Partner, der Umgang mit Konflikten und Emotionen sowie die Einstellung zur Sexualität entwickelt. Es ist völlig normal, dass Menschen sich auf unterschiedliche Ebenen ihrer Entwicklung befinden. Der Wunsch nach Wachstum ist ebenfalls ein ganz natürlicher Antrieb. Wird dieser gesunde Drang nicht erfüllt, stellen sich Schmerzen und emotionales Leiden ein. Die Missachtung des Entwicklungsstrebens zeigt sich in Unzufriedenheit, Frust und möglicherweise sogar in körperlichen Symptomen. Not, Krisen und Unglück können durchaus als Wachstumimpulse gedeutet werden.
Ebene 1: Der Keller
Verbindungen werden unter dem Aspekt des eigenen Nutzens eingegangen. Wenn die Partnerschaft in die Krise gerät oder gar auseinanderzubrechen droht, stellt sich die Frage, was wohl falsch gelaufen sein mag und wer die Schuld trägt. Das Paar gerät in Eskalationen und sie streitet sich. Auf dieser Stufe befinden sich auch Paare, die jeder Auseinandersetzung aus dem Weg gehen. Konflikte werden vermieden. Das kann so weit gehen, dass das Paar in großer Distanz zueinander verharrt.
Ebene 2: Bedürftigkeit
Das Paar versucht, die Ursache von Streit und Distanz zu ergründen. Paartherapie eröffnet ein erstes Verständnis dafür, dass die jeweiligen Kindheitsmuster in der Paardynamik einfließen. Beide würden Konflikte gerne vermeiden, doch wenn es turbulent wird oder wenn sie sich vom anderen zurückziehen, stellt sich erneut Uneinigkeit ein.
Im Erdgeschoss befindet sich der Eingang zum Traum(a)Haus. Direkt hinter der Tür führen die Wege getrennt durch die jeweiligen Kinderstuben mit den entsprechenden Kindheitserfahrungen. Diese Etage versinnbildlicht das limbische System mit den gespeicherten Triggern (den neuronalen Verschaltungen traumatischer Ereignisse). Das limbische System kann als Beziehungsgehirn bezeichnet werden und wird der Prototyp für menschliche Verbindung gespeichert. All die guten Ansätze zur „Inneren Kind Arbeit“ leisten hier hervorragende Dienste, um für Heilung und Trost in diesen vernachlässigten Räumen zu suchen. Nur ein Mensch, der eine gute Beziehung zu seinem inneren Kind aufrechterhält, kann eine gute Beziehung zu seinem Liebespartner aufbauen.
Ebene 3: Heilung
Viele Paare sehen Konflikte in der Partnerschaft auf dieser Bewußtseinsstufe als Heilungschance an. Sie akzeptieren zunehmend, dass die Beziehung ein Ort der Befreiung und Entwicklung ist. Das Wachstum nicht immer nur angenehm ist und leidvolle Kindheitsmuster aufdeckt, haben diese Paare den Harmoniegedanken aufgegeben. Dem Paar auf dieser Bewußtseinstufe gelingt es, mitten im Streit oder der Distanzierung innezuhalten, wodurch ein Raum der Erkenntnis entsteht.
Im Obergeschoss gelangt jeder zuerst in den eigenen Entscheidungsflur, der die Chance zur Abwägung abbildet. Dort bietet vor allem das eigene Bindungs-Schema Orientierung. Der Neocortex macht uns durch unsere Vernunftbegabung zu bewusstseinsfähigen Menschen. Dort liegen die Zonen des Bewußtseins, die uns zu Menschen machen: der Zeitverstand, die Logik, der Humor, die Sprache, das Denken, Problemlösefähigkeitenund vieles mehr. Das limbische System verständigt sich mit dem Neocortex über den Rräfrontalcortex, der sich hinter der Stirn befindet. Dorthin werden affektive Impulse weitergeleitet und als Emotionen wahrgenommen. Sehr häufig wird die Chance zu klugen Alternativen ignoriert und Hals über Kopf der Beziehungsraum gestürmt. So wie hier die Ich- und Beziehungs-Ideale Grund der Überstürzung sind, wird ebenso beliebig der Notausgang mit der Fluchttreppe genutzt, sobald die ersten Schwierigkeiten auftauchen.
Und was sind solche Fluchttreppen? Der Haushalt, die Arbeit, die neue Liebe, das aufwendige Hobby, eine liebgewonnene Sucht, die bekannten Symptome einer psychischen Störung – all das bietet einen willkommenen Ausweg aus dem immer heftiger werdenden Drama. Viele Paare wählen irgendwann die Fluchttreppe: Die Trennung, die unmittelbar hinter dem Notausgang des Entscheidungsflures mit Erleichterung lockt. Unterhalb des Beziehungsraumes – Ort der Drama-Bühne – führt eine Art Röhre direkt in den Keller. Den Unterdruck erzeugen die Qualen der traumatisierten Kinder in den Kinderzimmern. Die unerkannte Not entwickelt einen unglaublichen Sog Richtung Keller. Der Sog verursacht Unbehagen und dieses wird dem Partner/der Partnerin zugeschrieben und schließlich vorgehalten.
Ebene 4: Wachstum
Dieser Ebene liegt die Weisheit zugrunde, das zu akzeptieren, was möglich ist, hinzunehmen, was nicht zu verändern ist, und im allem eine Chance zum Wachstum zu erkennen. Jede Perspektive bringt Lernpotenzial und Möglichkeiten in sich, es gibt kein Richtig oder Falsch, sondern nur ein „So ist es“. Weibliches Kommunizieren und männliches Handeln ergänzen sich zwischenmenschlich in synergetischer Weise. Jeder trägt Verantwortung für seine Reaktionen und es gelingt immer besser, dem Partner die eigene Entwicklung selbst zu überlassen. Gleichzeitig trägt ein Partner auf dieser Stufe seine Sichtweise und Wünsche beharrlich und zugleich ruhig vor und zeigt auf, welche Konsequenzen unweigerlich folgen, da die eigene Integrität auf dem Prüfstand steht.
Ebene 5: Bewusstheit
Melden sich unangenehme Empfindungen oder negative Emotionen, werden diese durch einen bewussten Akt beobachtender Gegenwärtigkeit transformiert. Erfahrungen werden zugleich als subjektiv und als Ko-Kreation angesehen. Im Mittelpunkt steht das „Sowohl-als-auch“. Jeder macht nun die innere Seelenarbeit mit sich selbst aus und findet Mittel, mit den Wellen und Wogen inneren Ungleichgewichts zurande zu kommen. Das Wissen über die Normalität des inneren Schattens, der zu Streit und Unruhe einlädt, ist vorhanden. Längst hat der Besinnungsraum einen festen Platz im Leben.
Die ersehnte und zugleich verklärteste fünfte Etage befindet sich im Dachgeschoß des Traum(a)Haus: Der Liebesraum. Dort findet echte Begegnung und Heilung nur in friedlicher Hingabe und Absichtslosigkeit statt. Der Liebesraum ist im Konzept des Traum(a)Hauses allein durch die Anhebung der Energie in der neuen Besinnungsraum-Etage erreichbar. Durch den Liebesraum öffnet sich ein vollkommen neuer Raum der Ekstase, der innigliche Begegnung verspricht.
Literatur: Traumasensible Paartherapie, Katharina Klees: Junfermann Verlag, Paderborn 2018